Beschäftigungspolitik

Beschäftigungspolitik
I. Betriebliche B.:Maßnahmen, die die Personalkapazität hinsichtlich der Mitarbeiterzahl und Arbeitszeit bestimmen, um das zur gewünschten Leistungserstellung erforderliche Arbeitsvolumen bereitzustellen. Teil des  Personalmanagements.
II. Staatliche B.:1. Charakterisierung: Das Hauptziel der staatlichen B. liegt in der Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung einer Vollbeschäftigungssituation (bzw. eines hohen Beschäftigungsstandes). Ein hoher Beschäftigungsstand ist in quantitativer Hinsicht der Beschäftigung aller arbeitsfähigen und arbeitswilligen Erwerbspersonen gleichzusetzen. Dabei werden bestimmte Personengruppen, wie z.B. Ausländer, Ältere, behinderte Menschen etc. nicht ausgenommen. Die Erreichung dieses quantitativen Ziels bedeutet allerdings nicht, dass die Arbeitslosenquote gegen Null tendieren muss, da in einem marktwirtschaftlichen System ein gewisses Ausmaß an friktioneller  Arbeitslosigkeit normal und für die Bewältigung des Strukturwandels notwendig ist. Qualitativ bedeutet ein hoher Beschäftigungsstand, dass die Arbeitsplätze nicht nur der Zahl nach mit dem Erwerbspersonenangebot übereinstimmen, sondern auch bestimmte qualitative Anforderungen erfüllen sollen, wie z.B. Beschäftigungsmöglichkeiten in zeitlich gewünschtem Umfang auf Teilzeitarbeitsplätzen, Beschäftigungschancen in der vorhandenen Qualifikationsstufe (Vermeidung einer unterwertigen Beschäftigung) sowie Verbesserung der Beschäftigungsstruktur nach folgenden Gesichtspunkten: Qualifikation (Verringerung des Anteils der An- und Ungelernten), Risiko am Arbeitsplatz (Verringerung der Gesundheitsgefährdung und der Unfallhäufigkeit), Sektoren (Abbau von Monostrukturen und der Konzentration der Beschäftigung auf einen oder wenige Wirtschaftszweige) sowie Regionen (Herstellung der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland).
- 2. Die staatliche B. umfasst die folgenden drei Strategiebereiche: a) Nachfragepolitik (Erhöhung der Nachfrage nach Erwerbspersonen) mit folgenden Instrumenten: (1) Nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik, z.B. Steuer- und Zinssenkungen, Erhöhung der Staatsausgaben. (2) Angebotsorientierte Wirtschaftspolitik, z.B. Verbesserung der Produktions- und Investitionsbedingungen, marktwirtschaftliche Erneuerung und Förderung des Wettbewerbs durch Deregulierung, Liberalisierung des Ladenschlussgesetzes, des Arbeitsrechts und der Arbeitnehmerüberlassung sowie Privatisierung der Arbeitsvermittlung und Berufsberatung. (3) Technologiepolitik, z.B. Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit durch Produkt- und Prozessinnovationen sowie der Förderung des Humankapitals der Erwerbspersonen. (4) Arbeitszeitverkürzung und -flexibilisierung, z.B. Verkürzung der jährlichen Arbeitszeit bei gleichzeitiger Verlängerung der Betriebszeiten, Umwandlung von Voll- in Teilzeitarbeitsplätze sowie die Einführung von Teilruhestandsphasen). (5) Beschäftigungsorientierte Lohnpolitik, z.B. Abschluss von Tariflohnsteigerungen unterhalb des Produktivitätszuwachses, Reduzierung der Lohnnebenkosten, Förderung des Strukturwandels hin zum tertiären Sektor.
- b) Angebotspolitik (Anpassung des Angebots an Erwerbspersonen an die verfügbare Zahl der Arbeitsplätze) mit folgenden Instrumenten: (1) Verkürzung der Erwerbslebensdauer, z.B. vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben, Einführung von Langzeiturlaubsphasen, Erwerbsunterbrechung durch Mutterschafts- und Erziehungszeiten, Betreuung pflegebedürftiger Personen sowie Fortbildung und Umschulung zur Weiterbildung. (2) Aussiedler- und Ausländerpolitik, z.B. Maßnahmen zur Integration, Anreize zum Verbleib im Herkunftsland, wachstumsorientierte Einwanderungspolitik. (3) Wanderungspolitik, z.B. Förderung der regionalen und beruflichen Mobilität von Erwerbspersonen.
- c) Arbeitsmarkt-Ausgleichspolitik oder Arbeitsmarktpolitik i.e.S. (Ausgleich von Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt) mit folgenden Instrumenten: (1) Arbeitsvermittlung, z.B. Maßnahmen zur Beschleunigung des Arbeitsmarktausgleichs sowie zur qualitativen Verbesserung des Vermittlungserfolges, Kooperation von privater und öffentlicher Arbeitsvermittlung, Arbeitsvermittlung unter dem Dach des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes, Förderung der internationalen Berufs- und Arbeitsberatung sowie der Arbeitsvermittlung. (2) Qualifizierungspolitik, z.B. Förderung der allgemeinen und der beruflichen Ausbildung sowie der beruflichen Weiterbildung mit dem Ziel des Erwerbs von Schlüsselqualifikationen. (3) Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, z.B. Verwirklichung struktur- und umweltpolitischer Ziele, Verbesserung der Vermittlungschancen für Langzeitarbeitslose, Umwandlung von Arbeitslosen- in Beschäftigungsgeld.
III. Europäische B.: Der Amsterdamer Vertrag (1997) enthält erstmals ein eigenständiges Beschäftigungskapitel zur besseren supranationalen Koordinierung der infolge des Subsidiaritätsprinzips nationalen Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitiken. Die Akteure beschliessen mittelfristig geltende „beschäftigungspolitische Leitlinien“, die sich zu vier „Säulen“ zusammenfassen lassen (Verbesserung der  Beschäftigungsfähigkeit, Entwicklung des Unternehmergeistes, Förderung der Anpassungsfähigkeit der Unternehmen und ihrer Arbeitnehmer, Stärkung und Ausbau der Maßnahmen für Chancengleichheit). Die Mitgliedsländer setzen in nationalen Aktionsplänen die gemeinsam beschlossenen Leitlinien mithilfe ihrer spezifischen Instrumente und Verfahren um und erstatten jährlich Bericht. Die Kommission evaluiert diese nationalen Berichte und erstellt einen gemeinsamen Bericht, in den Vergleiche zwischen Ländern eingehen. Sie kann an die Mitgliedstaaten Empfehlungen aussprechen, die nicht-bindenden Charakter haben („offene Methode der Koordination“).

Lexikon der Economics. 2013.

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